Aus Ganslosen wird Auendorf

“Ons seie von Älleboide“, sagte um die Jahrhundertwende der Auendorf er gern, wenn er nach seiner Heimat gefragt wurde.Durch jahrzehntelange Erfahrung gewitzigt, wußte er wohl, daß die Antwort “von Auendorf“ zur Folge gehabt hätte: “Aha, das ist ja das alte Ganslosen“; hätte er aber diesen Dorfnamen genannt, dann hätte die Gegenfrage gelautet:“Das Nest heißt doch jetzt Auendorf ?‘

Wie es zur Umtaufe kam ? Man sollte meinen, eine so wichtige Angelegenheit sei zum wenigsten in den Gemeinderatsprotokollen verzeichnet. Keine Spur. Dort steht auf der einen Seite (vom 28.2.1849) ein Eintrag mit "Ganslosen" und auf dem Blatt daneben: "Auendorf". Und die mit allen Belegen erhaltene Burgermeisterrechnung zählt mit nackten Zahlen die Kosten der Umtaufe auf: dem Straßenwärter und Feldschützen mußten statt des bisherigen G ein A auf den Amtshut angeschafft werden, auch die Umschreibung der Ortstafeln und Wegweiser kosteten einige Gulden. Sonst keinerlei Auslagen für einen Taufschmaus. Auch keine Feier, keine Freude ! Noch 1916 sprachen sich alte Mannen, die vor 1849 geboren waren, stolz dahin aus: "Mir send no Gaslauser!" Sie wußten aus ihrer ersten Jugendzeit und vom Erzählen der Eltern her noch einiges über die damaligen Verhältnisse zu sagen: "Es amtete in jenen Jahren der Pfarrer Fleischhauer in der Gemeinde, ein etwas aufgeregter Theologe, der sich dann und wann bei Bekannten beklagte, daß er nicht zum Heiraten komme, da in das nicht im besten Ruf stehende Ganslosen keine Pfarrfrau einsiedeln wolle". Und da kamen ihm nun die Zeitumstände zu Hilfe. Das Revolutionsjahr 1848. Die Gemeinden wurden aufgefordert, der Regierung mitzuteilen, wo sie der Schuh besonders drücke. Nun konnte der Ortsgeistliche von Auendorf seinem Herzen Luft machen.

"Verschiedene Übelstände, welche der Name unseres Ortes für uns zur Folge hat, veranlassen uns zu dem Wunsche einer Abänderung desselben. Es ist bekannt, daß unserem Ort und seinen Bewohnern allerlei Torheiten und Albernheiten aufgebürdet werden und Erzählungen hievon unter dem Namen "Gansloser Streiche" im ganzen Schwabenland und sogar in andern deutschen Ländern kursieren. Daß solche Erzählungen über den hiesigen Ort erdichtet sind und demselben bloß wegen seines Namens, der ursprünglich nicht einmal Ganslosen, sondern vielmehr Gaßlosen hieß, aufgebürdet werden, brauchen wir nicht zu beweisen, da die hiesigen Leute bei den Bewohnern benachbarter Orte, welche sie näher kennen keineswegs für töricht und albern galten. Wir könnten uns deshalb gleichgültig darüber hinwegsetzen, wenn nicht unser Ortsname die entfernter Wohnenden, die uns nicht kennen und jene Erzählungen für wahr halten, immer wieder an dieselben erinnerte und ihnen zum Gelächter und zu Spöttereien Veranlassung gäbe. Dies hat dann weiter die schlimme Folge, daß die hiesigen Leute, wenn sie mit Fremden zusammenkommen, gewöhnlich sich scheuen, ihren Ortsnamen zu nennen, um nicht Lachen und Spott zu erregen, und daß manche in der Fremde denselben verleugnen und einen andern Ort als ihre Heimat angeben. Es ist sogar schon vorgekommen, daß an den Geistlichen das Ansinnen gestellt wurde, in einem auszustellenden Taufschein den Ortsnamen wegzulassen oder unrichtig zu schreiben. Auch hat es schon aus Veranlassung von Spottreden wegen jenes Namens Schlägereien gegeben. Um diesen und andern Unannehmlichkeiten für die Zukunft zu entgehen, wünschten wir dringend und baldmöglichst eines Veränderung unseres Ortsnamens, was wohl keinem Anstand unterliegen wird, da ja auch Familiennamen nicht selten abgeändert werden und ohnehin im Lauf der Zeit auch Orts- und Ländernamen sich umgestalten. Wir wünschten unserem Ort künftig den Namen "Auendorf" zu geben, welcher sich dadurch empfiehlt, daß ein zur hiesigen Markung gehöriger bedeutender Strich den Namen “Au“ führt."

Die Antwort der Regierung ließ nicht lange auf sich warten. An 13.2.1849 hatte das Oberamt die Eingabe in Stuttgart vorgelegt, schon am 3. März kam "auf besonderen Befehl" die Genehmigung der Umänderung des Ortsnamens Ganslosen in Auendorf (im Regierungsblatt des Königreichs Württemberg bekanntgegeben).

 

Der landläufige Erklärung für den Namen "Auendorf" ist, obwohl nirgends vermerkt und auch nicht verbürgt, dass, wenn man den Namen im schwäbischen Dialekt ausspricht, "Auadorf", dies auf  hochdeutsch "Auch ein Dorf" heißt. Dies sollte jedem zur damaligem Zeit andeuten, dass Ganslosen kein besonderes Dorf, eben das schwäbische Schilda war (selbst Stuttgarter Bewohnern war der Name Ganslosen als solches bekannt), sondern eben ein ganz normales Dorf wie jedes andere in Württemberg auch war.


Quellen: Karl Kirschmer, Chronik von Auendorf-Ganslosen (1955/1984)
Gemeinde Bad Ditzenbach, Von Ganslosen bis Auendorf, Eine Ortschronik (1999)
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